Praktische Tipps für Ensembles
Gas, Strom und Kraftstoff werden im Jahr 2022 massiv teurer. Klima-Aktivist*innen und Umweltforschende haben das Energiesparen schon lange auf dem Schirm. Dieses Jahr wird der Energiekostenanstieg auch für jede Privatperson finanzielle Folgen haben.
Musizieren ohne elektrische Instrumente oder Verstärkung ist erstmal eine energiearme Freizeitbeschäftigung. Verschiedene Faktoren tragen dazu bei, ob eine musikalische Probe weniger Energie verbraucht als heimisches Netflix schauen. Aber wie groß ist der Energieverbrauch eigentlich beim gemeinsamen Musizieren in der Freizeit? Es lohnt sich, einmal genau aufzuschlüsseln, welchen Verbrauch man verursacht, um dann herauszufinden, wo man sparen kann. Dabei gilt: jedes Energiesparen spart auch Geld und ist gut für die Umweltbilanz. Reduzieren lohnt sich also doppelt!
Heizenergie sparen
Über zwei Drittel des durchschnittlichen häuslichen Energieverbrauchs gehen auf das Konto der Heizung. Daher kann hier am meisten eingespart werden. Die größten Einsparungen können durch bauliche Maßnahmen in Form von guter Dämmung geleistet werden. Aber auch die Raumnutzer*innen können in geringem Maße Heizungsleistung einsparen.
Wie warm sollte ein Raum sein, in dem musikalisch geprobt wird?
Musiker*innen und Sänger*innen sollten sich beim Musizieren in der Temperaturumgebung wohl fühlen. Das Bundesumweltamt empfiehlt eine Raumtemperatur in Wohnungen (Wohnräumen) von 20 °C. Jedes Grad weniger bedeutet einen deutlich geringeren Energieverbrauch. Nach Spanien zieht auch Deutschland nach und erlässt, dass öffentliche Gebäude nur noch auf 19 °C aufgeheizt werden sollen. Für Kirchen ist es ein lang diskutiertes Thema, da die Kosten für das Heizen eines Kirchensaals schnell über viele zehntausende Euro pro Jahr beträgt – auch ohne Energiekrise. Das zeigt eine kirchliche Verordnung der ev. Kirche von Hessen und Nassau von 1979, die das Heizen in Kirchen auf 8–15 °C reguliert. Viele Kirchen werden dieses Jahr vermutlich gar nicht geheizt.
Für das Spielen von Musikinstrumenten sind 19 °C vertretbar. Sie haben größere Schwierigkeiten mit hoher oder zu niedriger Luftfeuchtigkeit, optimal sind 45–60 %.
Welcher Raum eignet sich am besten zum Proben in der kalten Jahreszeit?
Es kann passieren, dass Ensembles sich im Herbst oder Winter auf die Suche nach einem geeigneteren Probenraum machen müssen, da einige Räume wegen der Energiesparmaßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen. Folgende Punkte können in die Überlegungen mit einfließen:
Ist der Raum gut gedämmt? Hier geht es nicht nur um die Dämmung der Wände. Wärmeverlust entsteht vor allem durch Zug, der durch undichte Fenster und Türen entsteht.
Ist der Raum voll ausgelastet? Je mehr ein Raum genutzt wird, desto mehr lohnt es sich, diesen zu beheizen. Die Kosten verteilen sich auf viele Personen und Gruppen. Dafür können vielleicht andere Räume ungenutzt bleiben, die dann gering oder gar nicht geheizt werden.
Der Vorteil einer hohen Auslastung gilt auch bei Konzerträumen, z. B. Kirchen, die nur für Konzerte geheizt werden. Für ein gemeinsames Weihnachtskonzert oder ein kleines musikalisches Festival mit befreundeten Ensembles muss der Konzertraum nur einmal statt mehrmals geheizt werden. Ein gemeinsames Programm bedeutet zwar etwas mehr Koordinationsarbeit, ist aber zugleich auch öffentlichkeitswirksamer und fördert die Gemeinschaft verschiedener Musikgruppen.
Je kleiner ein Raum ist, desto schneller ist er aufgeheizt und desto weniger Heizenergie braucht er. Menschen sind zudem auch kleine Heizkörper. Je mehr Personen auf kleiner Fläche, desto wärmer wird es.
Ist eine Lüftungsanlage eingebaut? Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist ein effektives System, um Heizenergie zu sparen, denn es bedarf keiner manuellen Lüftung durch Fenster und Türen, die starken Energieverlust verursacht. Allerdings sind die Anschaffung und der Einbau teuer. Hier lohnt es sich, einmal zu kalkulieren, ab wann die Kosten durch die Einsparung ausgeglichen werden.
Ist die Heizung richtig eingestellt? Ist Luft in den Heizkörpern? Wenn es nicht richtig warm wird, muss hier wahrscheinlich nachjustiert werden. Ein Ensemble kann mit dem/der Vermieter*in oder Hausmeister*in sprechen und auf Problematiken hinweisen. Wird es bei voll aufgedrehtem Thermostat über 22 °C warm, liefert die Heizungsanlage zu viel Wärme. Auch hier kann man gemeinsam die Heizung optimieren.
Gibt es eine Nachtabsenkung oder wird die Heizung nachts komplett ausgeschaltet? Ob eine Nachtabsenkung sinnvoll ist, lässt sich nur für jeden Raum individuell klären. Hier sind Faktoren wie Dämmung, Heizmethode und Auslastung entscheidend. Ein Ensemble kann auch hier auf die Problematik hinweisen und anregen, Sachverständige ermitteln zu lassen.
Was kann ich individuell tun, um Heizenergie zu reduzieren? Richtig dämmen, richtig heizen, richtig lüften
Ein Ensemble wird in der Regel keine baulichen Maßnahmen durchführen, kann aber solche anregen. Es gibt einige Punkte, die jede*r individuell durchführen kann. Mit einem kleinen Team lassen sich die Kommunikation und mögliche Aufgaben im Ensemble koordinieren.
Akut dämmen: Wenn Fenster und Türen undicht sind, kann man diese mit Schaumstoff oder Gummidichtungsband abdichten. Jalousien, Rollläden oder auch Vorhänge helfen, insbesondere, wenn es draußen ohnehin schon dunkel ist. Zur Not kann man Stoff, Zugluftstopper oder -rollen einsetzen. Zugluft ist nicht nur schlecht für die Gesundheit, sie ist ein enormer Energiefresser. Der Raum wird nicht richtig warm, weil die Zugluft die warme Luft schnell nach draußen trägt.
Heizkörper sollten freistehen und nicht vollgestellt oder als Ablage genutzt werden, damit sich die Wärme im Raum verteilen kann.
In Räumen ohne Lüftungsanlage ist Stoß- und Querlüften angesagt. Besser kurz und öfter lüften, so bleiben die Gegenstände warm und nur die Luft wird ausgetauscht. Die Luftzirkulation geht je nach Temperaturunterschied zwischen Innen- und Außenluft schneller oder langsamer von statten. In den Monaten Dezember bis Februar empfiehlt es sich, das Stoßlüften auf 5 Minuten zu begrenzen. In den Monaten März und November reichen 10 Minuten aus. Eine CO²-Ampel gibt Hinweise zur Raumluftqualität. Mit dieser kann die Lüftung genau kontrolliert werden: Bei 800–1.000 ppm sollte gelüftet werden, bis sich der Wert auf 400-500 ppm gesenkt hat.
Heizenergie sparen vs. Schutzmaßnahmen wegen der Corona-Pandemie
Es liegt nahe zu vermuten, dass die Überlegungen zum Einsparen der Heizenergie und die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nicht vereinbar sind. Zur Verminderung des Infektionsrisikos werden große Räume mit hohen Decken bevorzugt. Der Abstand zwischen den Personen sollte 1,5 m nicht unterschreiten. Häufig wird empfohlen, ständig und lange zu lüften, insbesondere zwischen zwei Personengruppen, die sich nacheinander im Raum aufhalten. Gerade große Räume mit hoher Decke fressen sehr viel Heizenergie.
Aber bei näherer Betrachtung schließen diese Maßnahmen das Sparen von Heizenergie nicht aus. Für letzteres liegt die beste Lösung in einer guten Gebäudedämmung, was nicht zum Infektionsgeschehen beiträgt. Eine gute Lüftungsanlage minimiert das Infektionsrisiko und reduziert den Wärmeverlust. Die idealste Lösung ist eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Eine CO²-Ampel weist auf die Notwendigkeit zum Lüften hin, denn sie zeigt vor allem eine gute Luftqualität an, die indirekt auf die Virenlast schließen lässt. Das Lüften zwischen zwei Personengruppen kann dadurch auch besser kontrolliert werden und muss nicht auf lange Zeitspannen ausgedehnt werden. Und schließlich minimiert man das Risiko einer Infektion durch tagesaktuelle Testungen aller anwesenden Personen. Durch ein gutes Hygienekonzept, das auch aktiv angewendet wird, lässt sich weiterhin die Verbreitung des Corona-Virus’, aber auch anderer Krankheiten, reduzieren und steht nicht im Widerspruch zu den Einsparungen der Heizenergie.
Licht
Kaum ein Ensemble wird mit dem/der Proberaumvermieter*in darüber sprechen, um die Lampen auszutauschen. Wer dennoch die Möglichkeit hat, sollte auf energiesparende LEDs setzen. LEDs verbrauchen noch weniger Strom als Energiesparlampen, halten länger und beinhalten kein giftiges Quecksilber. Es wird an OLEDs geforscht, die zudem auch keine seltenen Erden beinhalten.
Wer während des Konzertes Strom durch Licht sparen möchte, der kann auf große Lichtanlagen verzichten und setzt auf wenige stimmungsvolle Strahler. Im Übrigen sollte dann auch auf Nebelmaschinen verzichtet werden. Eine gute Nebelmaschine mit 1.200 Watt misst 504 CO²/h, allerdings benebelt man ein Konzert ja nicht die ganze Zeit.
Ist digitales Proben energieeffizienter als Proben in Präsenz?
Die CO²-Emission ist je nach Internetleitung und Endgerät sehr unterschiedlich. Ein Laptop verbraucht weitaus weniger Strom als ein Computer. Eine Internetübertragung über Glasfaser ist sehr viel umweltfreundlicher als über Mobilfunk. Der CO²-Verbrauch einer Stunde Videokonferenz wird von verschiedenen Institutionen sehr unterschiedlich berechnet. Climeet rechnet mit 10 g CO², andere Berechnungen belaufen sich auf 45–68 g CO². Diese Zahlen kalkulieren nicht nur den häuslichen Stromverbrauch mit ein, sondern auch die elektrische Leistung in den Rechenzentren der digitalen Dienstleister.
In einer Studie vom Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) wird angegeben, dass vierstündige Videokonferenzen mit vier Teilnehmenden an Notebooks ökologisch besser abschneiden, als wenn zwei dieser Personen über 5 km mit dem Auto (oder 12 km mit dem ÖVPN) zum analogen Meeting anreisen würden.
Digitales Proben kann also stark zum Energiesparen beitragen. Wenn die Probe allerdings in einem Raum stattfindet, der ohnehin geheizt wird und alle Personen zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommen, dann kann eine Präsenzprobe durchaus energieeffizienter sein.
Den Artikel mit weiterführenden Links, Hilfestellungen und Quellenangaben finden Sie auf: https://frag-amu.de/wiki/energie-sparen/
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