So trafen sich ab 10 Uhr Streicher, Zupfer, Akkordeonisten und Bläser zum gemeinsamen Spiel in der Rotunde der Gesamtschule Niederkassel. Einige neue Gesichter waren dabei, aber viele kannten sich schon von den jährlich stattfindenden früheren Workshops. Die Streichersektion war am größten – hier kamen nachmittags wieder Kinder im Alter von 8 bis 11 Jahren mit ihren Geigen dazu. Sie hatten zu einem Teil der Stücke schon eine Easy-Stimme mit ihrer Lehrerin einstudiert. Immerhin neun Akkordeonspielerinnen und -spieler waren dabei. Die Holzbläser waren mit zwei Blockflöten, drei Klarinetten und einem Saxophon vertreten. Die Basis legte der Kontrabass, manchmal unterstützt auch vom Cello. Eine Gitarre und zwei Ukulelen begleiteten mit Akkorden, manchmal auch unterstützt durch die Akkordeonistinnen und Akkordeonisten. Barbara Florin spielt selbst mit – am Klavier.
Daniel Marsch war schon gleich angetan, wie schnell sich das 30 Mitglieder starke Ensemble beim Einspielen mit dem „Khupe Marsch“ zusammenfand, bei dem jeder noch spielen durfte, was er wollte. Die Khupe, hebräisch Chuppah, ist der traditionelle jüdische Traubaldachin. Und zur Hochzeit wurde diese Tanzmusik auch gespielt. Später wurden die Stücke in den Proben „arrangiert“: wann spielt nur eine Sektion, wann wird wie begleitet, wann wird gesungen, wie sieht es aus bei mehreren Durchläufen? Und so nahm man insgesamt fünf Stücke durch, die ganz verschiedene Tänze der Klezmermusik umfassten – alles in lockerer Atmosphäre, alles kann, nichts muss. In der Mittagspause zeigte Daniel Marsch außerdem den Akkordeonisten, wie man Basslinien spielt – meist zum Ende eines Teils – in Terzen, chromatische Übergänge, Tonleitern…
Um 16:30 Uhr kamen dann einige Eltern und Freunde der Niederkasseler Musikerinnen und Musiker dazu, und das Ensemble präsentierte in der Abschlussrunde, moderiert von Daniel Marsch, ein 30 minütiges Programm – mit Mitmachteilen. Zu Beginn erklang „Der shikerer Moldavan“ von Harry Kandel, ein scheller Bulgar aus Moldawien, dem Streifen zwischen Nord-Ost-Rumänien und der Ukraine, danach die „Hora Fetelor (Moldavan Zhok)“ aus dem Repertoire von Germa Goldenshteyn, einem in Rumänien geborenen amerikanischen Klarinettisten – das ist ein langsamer Schreittanz im Dreiachteltakt. Der „Khupe Marsch“ ist ein Traditional, arrangiert von Szilvia Csaranko und Suzi Evans. Es ist ein Freylekh, d.h. ein fröhlicher Tanz, der gespielt wurde, wenn die Hochzeitsgesellschaft nach der Trauung unter dem Baldachin sich auf den Weg zum Hochzeitsfestmahl machte. Und Stefanie Hölzle, die ja auch Tanz-Workshops gibt, forderte die Gäste auf mitzumachen, und so führte sie eine Polonaise an um das Workshop-Orchester – mit kleinen Kreisfiguren.
Daniel Marsch lud dann beim Dunika Waltz auch zum Tanzen auf der kleinen Fläche zwischen Ensemble und den Stuhlreihen ein, aber keiner traute sich, den langsamen Walzer zu tanzen. Es ist eine neue Komposition von Indra Buraczewska vom London Klezmer Quartet. Aber zum Finale durften dann alle wieder mitmachen. „Ale Brider“ ist eine Hymne aus der jüdischen sozialistischen Arbeiterbewegung Ende des 19. Jahrhunderts in Osteuropa. Insbesondere der Refrain auf „Oy, oy, oy“ wurde von allen Teilnehmenden und Zuhörenden geschmettert.
„Un mir zaynen ale brider, oy, oy, ale brider,
un mir zingen freylekhe lider, oy, oy, oy.
Un mir haltn zikh in eynem, oy, oy, zikh in eynem,
azelkhes iz nito bay keynem, oy, oy, oy“.
Das war dann ein schöner Abschluss eines produktiven und fröhlichen musikalisichen Tages. Herzlichen Dank an die Organisatorin und die beiden tollen Dozenten.