Die Osterarbeitswoche 2025 des Deutscher Harmonika-Verbandes e.V. startete wieder am Palmsonntag um 14 Uhr. Präsident Jochen Haußmann eröffnete im Konzertsaal der Bundesakademie Trossingen die Traditionsveranstaltung und empfahl, an den fünf Tagen bis Donnerstag sich täglich über die Glücksmomente beim gemeinsamen Musizieren klar zu werden. Er begrüßte Ian Watson mit der Orchesterwerkstatt, Bundesdirigentin Silke D’Inka für den Lehrgang Dirigieren, Jakob Steinkellner, der die Steirische Harmonika vertritt, Daniel Franz für das Ensemblespiel und – last but not least – Hans-Günther Kölz und Wolfgang Russ, die Dozenten des Lehrgangs 5 für neue Literatur für Akkordeonorchester. Herzlichen Dank sagte er dem Organisationsteam, allen voran Sabine Kölz und Johannes Wollasch. Ein kleiner Ausblick auf das Projekt der DHV Innovationswerkstatt und das World Music Festival Innsbruck ergänzte die Ansprache.
Ein Konzert der Extraklasse war schon das Eröffnungskonzert am Sonntag: die beiden Ausnahme-Akkordeonisten Marius Staible und Daniel Roth freuten sich, in Trossingen zu gastieren – vor Fachpublikum, denn alle Teilnehmenden und Gäste im Konzertsaal der Bundesakademie Trossingen tragen mit ihrem Engagement dazu bei, das Akkordeon und seine vielfältigen Möglichkeiten positiv zu verbreiten. Das Duo hat sich 2016 formiert unter dem Namen con:trust – der Name spielt auf Kontrast an, sind sie doch sehr unterschiedliche Persönlichkeiten und bringen sie in innovativen Projekten eine große Bandbreite an Musik dar, aber auch auf das großartige Zusammenspiel der beiden in eigenen Duo-Bearbeitungen mit immer wieder wechselnden Rollen. Von Bach-Vivaldi über für die Akkordeon-Umsetzung geeignete romantische Werke und neue Musik der koreanisch-amerikanischen Komponistin Euna Joh „Was, is, is to come“ bis zum Tango Ballet von Astor Piazzolla. Nicht endenden wollender Applaus wurde mit zwei Zugaben belohnt, bei denen sie ihre Notepad-Notenständer wegstellten.
Auch das zweite Konzert war ein absolutes Highlight. Traditionell gehört der Montagabend immer dem Hohner-Konservatorium Trossingen. Den ersten Programmteil gestaltete das Seminarorchester in Kooperation mit dem Hohner-Akkordeonorchester 1927 Trossingen e.V. „In memoriam Fritz Dobler“, der im letzten Jahr gestorben ist: Auf dem Programm stand „Spring“ von G. S. Mathis, arrangiert von Rudolf Würthner, und die „Keniade“ von Fritz Dobler, ergänzt um einige persönliche Erinnerungen von Silke D’Inka und einem Solovortrag von Theresa Monsees, die aus „Paganiniana“ von Hans Brehme das Thema und eine Auswahl von Variationen spielte. Nach einer Umbaupause gab es ganz verschiedene Kammermusik- und Solovorträge – von Louis Vierne über Edvard Grieg und Johann Sebastian Bach bis zu Albin Repnikov und Sammy Fain/Bob Hilliard. Auf höchstem Niveau spielten drei Trios, ein Duo und die Solisten Nils Aebersold und Michael Ziegler. Nicht nur Akkordeon erklang im Konzert, sondern auch Mundharmonika und Klavier – bei „Malaguena“ mit Dima Sakovych und einem Satz aus einer Sonatina von Maurice Ravel mit Sarah Gimbel. Zu Recht bekamen die Studierenden viel Applaus für ihre beeindruckenden Leistungen.
Jakob Steinkellner war nicht nur Dozent bei der Osterarbeitswoche 2025 für Steirische Harmonika, sondern gestaltete als Solist auch das Konzert am letzten Abend. Geschäftsführer Johannes Wollasch kündigte ihn an als einen Musiker, der nicht nur Musik macht, sondern einfach Lebensfreude vermittelt. Und das war auch nicht zu viel versprochen! Alle Vorträge wurde von den Teilnehmenden mit begeistertem und lang anhaltendem Applaus aufgenommen. Eigentlich macht er keine für das Instrument typische Volksmusik, aber für seinen Kurs spielte er einen Boyrischen und einen Walzer aus Salzburg. Er versucht nämlich, die Steirische Harmonika in andere Spären zu schicken, mit „Denkwechseln“, mit berührenden, lyrischen Werken, mit Tango, mit sprühend witzigen und tänzerischen Kompositionen, inspiriert durch irische oder Balkan-Musik, mit Gesang… Sein emotionaler Vortrag führte zu einer fast euphorischen Stimmung und Standing Ovations.
Der letzte Abend der Lehrgangswoche ist immer etwas Besonderes! Wie so häufig eröffneten Hans-Günther Kölz am Flügel und Wolfgang Ruß am Bass die Open Stage im Foyer der Bundesakademie Trossingen. Mit Ulrich Kruspel als Schlagzeuger bildeten sie ein Jazz-Trio. Bei den Latin Nummern gab es noch ergänzend eine Percussion Group. Der Kurs „Steirische Harmonika“ setzte das Musikprogramm fort mit volkstümlichen Melodien. Und dann mischten sich beide Musikrichtungen. Hans-Günther Kölz setzte sich wieder an den Flügel, Ulrich Kruspel nahm den Bass, sein Sohn Jonathan setzte sich ans Schlagzeug, Ian Watson bekam eine Morino gebracht… Bei den nächsten Jazz-Standards glänzte dann Daniel Franz als Akkordeon-Solist. Die Stimmung war wieder einzigartig.
Am Gründonnerstag ging die Osterarbeitswoche wie immer mit einem Abschlusskonzert zu Ende. Zunächst präsentierte ein Ensemble aus dem Lehrgang Ensemblespiel ein Präludium mit Fuge von Bach – mit dem Rücken zum Publikum, nur aufeinander hörend – und anschließend den „Rojo Tango“ von Pablo Ziegler, dem Pianisten von Astor Piazzolla. Ian Watson hatte wieder die „Orchesterwerkstatt“ geleitet: Das 30 Aktive starke Orchester spielte aus zwei Werken von ihm – den neuen „Two Tango“ und zwei Sätze aus den „Four Seaside Sketches“ sowie eine Würdigung von Fritz Dobler mit seiner „Werziade I“. Zum zweiten Mal in Trossingen – begeisterte Jakob Steinkellner nicht nur seinen Kurs „Steirische Harmonika“: Eine Teilnehmende und ein Duo bereicherten das Abschlusskonzert mit volkstümlichen Beiträgen. Der Lehrgang „Dirigieren“ unter Leitung von Silke D’Inka ist eine Erfolgsgeschichte: Teilnehmende dirigierten wieder Musik verschiedener Couleur, und es gab zum dritten Mal eine Uraufführung mit der neuen Suite von Leon Jonas Thieme „Some Childhood Memories“. Den Abschluss machte wieder der Lehrgang 5 „Neue Literatur für Akkordeonorchester“ mit Hans-Günther Kölz und Wolfgang Ruß und 43 Teilnehmenden: Auch hier gab es eine Uraufführung, den „Tango Mixtura“ von Hans-Günther Kölz, arrangiert für Orchester von Wolfgang Ruß, sowie zwei Hits „Cherish“ von Kool & the Gang und „Somebody To Love“ von Queen. Insgesamt wurden 13 Werke angespielt oder auch intensiver geprobt und aufgenommen.
Das Lehrgangsprogramm wurde ergänzt durch einige Workshops: „Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG): Informationen und Gelingensbedingungen“ mit Uta Borho und Sabine Kölz, „Einführung in die Alexander-Technik“ von Musikerin und Coach Teresa Brunnmüller, „Nachwuchs gewinnen und binden: Das Akkordeon in der Grundschule“ mit Sylvia Schiffner vom Akkordeon-Orchester Heilbronn Neckargartach, „Vereine – Gestern – heute – morgen“ mit Vereinscoach Joachim Zühlke, „(Vereins-)Engagement stärkt Demokratie“ von Dr. Andreas Anton, Soziologe und Geschichts- und Kognitionswissenschaftler. Im Foyer konnten die Teilnehmenden außerdem das Angebot von Notenwunderland und Jetelina Akkordeonmusik sowie von Amusiko nutzen – die Inhaber Bernd Glück sowie Stefanie und Tobias Dalhof waren mit großen Notenausstellungen vor Ort. Hohner war mit einer Instrumentenausstellung der Bravo MyColor und Hohner XS präsent sowie mit dem Service-Team um Ralf Tritschler an drei Tagen nachmittags da, die einige kleine Probleme an Instrumenten direkt vor Ort lösen konnten.
Es war wieder eine tolle Zeit mit viel Musik, Anregungen aus den Workshops und den Konzerten, gutem Austausch unter den Teilnehmenden und vielen Glücksmomenten.