Wie Jugendliche Demokratie erleben und erlernen
Demokratie bedeutet Volksherrschaft, alle Macht dem Volke. So kurz nach der Bundestagswahl ist uns das sicher allen noch im Kopf, aber zur Demokratie gehört mehr als nur der Bundestag. Jede Institution, jeder Verein ist demokratisch organisiert und trägt zur Erhaltung dieser „Volksherrschaft“ bei.
Vereine sind mehr als Orte der Freizeitgestaltung – sie sind echte Lernorte für demokratische Prozesse, denn sie sind von Grund auf demokratisch gestaltet. Im BGB sind sämtliche rechtlichen Vorgaben festgelegt, z. B. dass bei der Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung die Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet, für eine Satzungsänderung eine Mehrheit von drei Vierteln benötigt wird und dass der Vorstand gewählt wird und letztlich der gesetzliche Vertreter nach außen ist. Das mag für die meisten nicht neu klingen, ist aber doch die absolute Basis für das Verstehen von Entscheidungsprozessen in der Politik und darüber hinaus.
Besonders für Jugendliche und junge Erwachsene bieten Vereine die Möglichkeit, aktiv Demokratie zu erleben und leben, Verantwortung zu übernehmen und wichtige Kompetenzen wie Teamarbeit, Diskussionsbereitschaft und Kompromissfindung zu entwickeln. Gerade Vereine, wie die Mitgliedsvereine des Deutschen Harmonika-Verbandes, schaffen Räume, in denen junge Menschen die Grundlagen demokratischen Handelns direkt erfahren.
Demokratie erleben: Die Rolle der Jugendlichen
In Vereinen wird Demokratie durch konkrete Beteiligung erlebbar. Jugendliche können vielfältige Aufgaben übernehmen. Dazu zählt die Mitbestimmung: In Gremien wie Jugendvertretungen können sie aktiv Themen einbringen und Entscheidungen mitgestalten. Gleichzeitig können sie Verantwortung übernehmen und Aufgaben wie die Organisation von Veranstaltungen zur Stärkung ihrer Entscheidungsfähigkeit nutzen. Mit ihrem Stimmrecht bei Abstimmungen und Wahlen lernen Jugendliche zudem, wie Mehrheitsentscheidungen zustande kommen.
Konkret bedeutet das, es könnte ein Verein sein, wo Jugendliche eigene Veranstaltungen planen, Verantwortung für Organisationen übernehmen und dabei demokratische Entscheidungsprozesse kennenlernen. Dazu kann ein Jugendgremium gehören, das aktiv in Entscheidungen eingebunden ist. Die Jugendlichen könnten außerdem eigenverantwortlich Probenwochenenden, Veranstaltungen und Freizeitaktivitäten organisieren. Die Nachwuchsarbeit würde besonders gelebt, z. B. durch Instrumentenvorstellungen und offene Proben. Darüber hinaus kann es Formate wie eine „Zukunftswerkstatt“ geben, in der die Jugendlichen Vorschläge zur Weiterentwicklung des Vereins erarbeiten.
Demokratie lernen durch Förderung und Forderung
Jugendliche lernen Demokratie durch aktive Teilhabe und Verantwortungsübernahme. Diese Erfahrungen können in mehrfacher Weise erfolgen. Zum einen können Jugendliche Projekte organisieren und – wie oben beschrieben – beispielsweise Konzerte oder Probenwochenenden mitgestalten. Dadurch lernen sie Eigenständigkeit und Organisationsvermögen. Jugendliche sollten aber nicht gänzlich allein gelassen werden; “Fördern und Fordern” ist das altbewährte Motto. So kann beispielsweise jedes Vereinsamt doppelt besetzt werden, mit einer Senior- und Juniorbesetzung. In einem Zyklus von z. B. zwei Jahren erlernt der jüngere Part die Aufgaben des Amtes und gibt sie als nächste Seniorenbesetzung wiederum weiter. Über die Vereinsarbeit hinaus können Jugendliche auch in kommunalen Jugendbeiräten oder auf Verbandsebene Verantwortung übernehmen.
Die Deutsche Chorjugend zeigt, wie Engagement auf politischer Ebene funktioniert. Dort bringen Jugendliche eigene Anliegen ein, nehmen an Abstimmungen teil und setzen sich für die Interessen junger Menschen ein. Die Deutsche Chorjugend wiederum formuliert Forderungen an die Politik in Bezug auf Bildungsgerechtigkeit, finanzielle Zuschüsse zur Amateurmusik oder auch Schutzkonzepte in der Arbeit mit Jugendlichen.
Selbstwirksamkeit: Demokratie durch Erfahrung stärken
Ein zentrales Element der Demokratieerfahrung in Vereinen ist die Selbstwirksamkeit – das Bewusstsein, durch eigenes Handeln etwas bewirken zu können. Dies geschieht durch eigenständige Entscheidungen der Jugendlichen. Dies kann auch in Leitungsfunktionen geschehen. Verantwortungsvolle Aufgaben wie die Leitung von Gruppen, fördern Führungsfähigkeiten und Selbstvertrauen. Gleichzeitig stellen sie den Nachwuchs für künftig vakant werdende Vereinsämter sicher und entlasten den Vorstand. Die demokratische Erfahrung kann aber auch durch aktive politische Teilhabe gestärkt werden, wie bei gesellschaftlichen Debatten. Populäre Beispiele der jüngsten Vergangenheit sind etwa (Musik-)Vereine bei Demos gegen Rechts oder auch die Kulturszene während Corona, die erst mit viel Engagement eine Öffnung in Verordnungen erringen konnte.
Warum Vereine Orte der demokratischen Bildung sind
Vereine bieten ideale Bedingungen, um demokratische Kompetenzen zu entwickeln:
Durch Diskussionen lernen Jugendliche nicht nur unterschiedliche Meinungen kennen, sondern auch sie zu akzeptieren und zu tolerieren. Der daraus resultierende Konsens schafft die Basis für das Verständnis von demokratischen Entscheidungsprozessen auf politischer Ebene. Durch Wahlen erleben sie die Demokratie an der Basis und werden geschult für die Wahlen auf Verbandsebenen oder in der Politik. Außerdem werden die Jugendlichen sensibilisiert, ihre Meinung zu äußern und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Nicht zuletzt vertreten Vereine auch die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber anderen Einrichtungen.
Demokratie aktiv leben: Tipps für Jugendliche
Junge Vereinsmitglieder können Demokratie aktiv gestalten, indem sie:
- In Jugendgremien mitwirken: Eigene Ideen einbringen und Entscheidungen mitgestalten.
- Verantwortung übernehmen: Veranstaltungen planen und organisieren.
- Fragen stellen und sich informieren: Die Vereinsstrukturen verstehen und eigene Rechte kennen.
- Konflikte konstruktiv lösen: Einen offenen und respektvollen Umgang pflegen.
- aktives und passives Wahlrecht in der Mitgliederversammlung ausüben
- Außerhalb des Vereins aktiv werden: Beteiligung an kommunalen Jugendräten oder politischen Diskussionen.
Förderung durch die Vereinsverantwortlichen
Damit Jugendliche Demokratie im Verein aktiv erleben, braucht es geeignete Rahmenbedingungen. Die Verantwortlichen sollten:
- Beteiligung ermöglichen und Räume für Mitgestaltung schaffen.
- Transparenz fördern und die Entscheidungsprozesse offen kommunizieren.
- Diskussionsräume bieten, um einen offenen Dialog zu fördern.
- Fortbildungen anbieten: Schulungen zu Beteiligungsmethoden und demokratischen Prozessen durchführen.
- aktive Mitgestaltung durch “Fördern und Fordern”.
- beratend zur Seite stehen.
Demokratie erlernen durch Engagement
Vereine bieten Jugendlichen die Möglichkeit, demokratische Prozesse unmittelbar zu erleben. Sie lernen, Verantwortung zu übernehmen, aktiv mitzubestimmen und soziale Kompetenzen zu entwickeln. Diese Erfahrungen prägen nicht nur die Vereinsarbeit, sondern tragen dazu bei, die Demokratie in unserer Gesellschaft langfristig zu stärken. Jugendliche sollen aktiv mitgestalten, Verantwortung übernehmen und demokratische Prozesse im Vereinsleben erlernen.
Vereine werden nur langfristig erfolgreich sein können, wenn sie die Jugendlichen aktiv einbinden. Das stärkt nicht nur den Vereinsnachwuchs, sondern auch das demokratische Bewusstsein in der Gesellschaft.
Mehr dazu finden Sie in der Broschüre „Hingehört“ des Landesmusikverband Baden-Württemberg. Die Broschüre richtet sich an Jugendbegleiter*innen, Vereinsverantwortliche und Pädagog*innen, um Musikvereine als „Werkstätten der Demokratie“ zu stärken. Die Broschüre kann hier heruntergeladen werden: https://landesmusikverband-bw.de/bildung/kinder-und-jugendliche/hingehoert/