„Schon seit Beginn meines Musikstudiums (während dem ich erst angefangen habe, MIII zu lernen), stellte ich mir die Frage, ob es doch lieber ein Knopfakkordeon sein sollte statt der Tasten…“
„Bayan-Spieler*innen können nur schnell spielen, aber nicht musikalisch.“ ― „Knopfakkordeon klingt nicht schön, es ist nur ein schnelles Durcheinander.“ ― „Das Gefühl ist nicht das richtige…“ ― „Tastenspieler*innen, die zum Knopfakkordeon wechseln, schaffen es nie, professionell aufzutreten.“ ― „Umzulernen ist Zeitverschwendung, das lohnt sich nicht, das wirst du bereuen.“
All das hörte ich von vielen erwachsenen Profis. Von sehr vielen, von denen ich mir Unterstützung oder weise Worte erwartet hatte.
Ich fühlte mich auf dem Tasten-Akkordeon schon immer sehr eingeschränkt: Ich kann dies nicht spielen, weil Töne fehlen, kann das nicht spielen, weil das Register nicht hoch genug klingt (hohe Töne fehlen), kann jenes nicht spielen, weil die Abstände zu groß sind etc… Zu viele Einschränkungen; zu viel Potenzial, das verlorengeht. Ich suchte aber das maximale Potenzial des Instruments… Und habe mich während des Masterstudiums entschlossen, auf Knöpfe zu wechseln. Unterstützt haben mich unglaublich liebe Freundinnen und Freunde, ohne die ich es niemals geschafft hätte.
Ein Akkordeon auf Ebay, in der Nähe der Heimat meiner Freunde… ein Zeichen? Mittlerweile spiele ich auch klassischen Konzerten nur das Knopfakkordeon und werde meinen Masterabschluss damit beenden, nicht wie den Bachelor. Den absolvierte ich auf Tasten.
Ich hätte früher wechseln sollen. Aber zu große Zweifel, Unsicherheit und Angst standen im Weg. Es ist so, wie es ist, und man macht das Beste daraus.
Also: Falls jemand, oder du dir selbst, dir die Frage stellt: welches Akkordeon – Tasten oder Knopf? Frag erstmal: Welche Musik?
Hast du schon mal Klavier gespielt? Wenn ja, dann ist es auf jeden Fall einfacher, auf Tasten zu spielen. Für Volks- und Unterhaltungsmusik ist ein Tasten-Akkordeon auch praktisch, ein Knopfakkordeon genauso oder noch mehr. Wenn man die Muster verschiedenster Akkorde kennt, kann man damit sehr leicht in alle Tonarten transponieren und begleiten (so weit bin ich selber leider noch nicht). Wenn das Spezialgebiet die Alte Musik ist, also mit Transkription von Klavier auf Akkordeon (Bach, Frescobaldi, Rossi, Scarlatti, Rameau etc.), ist natürlich ein Tasten-Akkordeon auf den ersten Blick einfacher, da die Finger der rechten Hand bereits sehr gut liegen. Das heißt aber nicht, dass es auf Knöpfen unmöglich ist! Es ist nur anders.
Alles andere sind meiner Meinung nach Argumente für das Knopfakkordeon: Es bietet das Maximum eines Akkordeons in Bezug auf den Ambitus: ― Die rechte Hand beim Tasten-Akkordeon hat maximal 47 Tasten, auf dem Knopfakkordeon sind es 107 Knöpfe (64 Töne). ― Man ist nicht mehr „eingeschränkt“, das heißt, man muss nichts vom Knopf- für das Tasten-Akkordeon umschreiben, keine Kompromisse machen, weil z.B. Töne fehlen, damit es „passend“ klingt. ― Die tiefen Töne auf der rechten und linken Hand klingen ähnlich, das heißt, man kann auf dem Instrument sehr effektvolle Klänge erzeugen, was mit dem Tasten-Akkordeon nicht geht. ― Man kann größere Akkorde greifen. ― Man hat mehr Möglichkeiten – bzw. maximale Möglichkeiten – des Akkordeons für neue Musik und Improvisation – das, was für mich die Zukunft ist!
Es spricht nichts dagegen, umzulernen. Nur der Kopf. Der Weg ist hart, sehr sehr hart. Die ersten Wochen denkt man, man macht überhaupt keine Fortschritte. Aber nach und nach wird es besser, man merkst selbst nicht, wie es vorwärts geht. Man ist nicht so flexibel wie früher auf den Tasten, aber das kommt mit der Zeit! Man verlernt die Tasten nicht.
Es ist, als würde man ein neues Instrument lernen. Es ist eine neue „Landkarte“ für die rechte Hand, that’s it! Auch wenn ich sehr, sehr, Sehr spät mit dem Umlernen angefangen habe, bereue ich es nicht. Ich fühle mich auf dem Instrument frei wie noch nie, mit einem sehr vollen, massiven Klang, der auf Tasten leider nicht möglich ist (weil ein paar Stimmzungen und anderes fehlen).
Meine Reise hat mich nach Estland geführt, wo ich mich nun auf Improvisation fokussiere, ständig neue Techniken entdecke und mich freue, das Knopfakkordeon bei mir zu haben! Danke an meine lieben Freundinnen und Freune, die mich zu diesem wichtigen Schritt ermutigt haben. Sonst wäre ich noch weiter frustriert an den Tasten gesessen.
Tasten oder Knöpfe? Für mich: Knöpfe! Hab’ keine Angst. Es gibt so viel schöne originale Akkordeonliteratur, die man nicht auf Tasten spielen kann. Die sollte sich keiner entgehen lassen.
Welchen Griff? Der B-Griff ist wegen der Anatomie der Hand am bequemsten. Aber es gibt da keine Regel. Am idealsten wäre natürlich C-Griff links und B-Griff rechts…
Liebste Grüße
Darja