Die Melodica als Einstiegsinstrument für Kinder
Immer mehr Vereinen und Musikschulen fehlt der Nachwuchs. Die Suche nach neuen Wegen, um Kinder für das Akkordeon zu gewinnen, hat Priorität. Sehen wir uns bei anderen Verbänden um, erkennen wir auch dort vermehrte Bemühungen um den Nachwuchs. Sie holen die Kinder bereits im Vorschulalter mit der Flöte, Ukulele und Trommelkursen ab. In den Schulen werden Bläser- und Streicherklassen eingerichtet. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Wo bleibt hier der Nachwuchs für das Akkordeon? Lässt es sich so einfach verdrängen – oder gibt es eine Chance für unser Instrument?
Wie Melodica die Kinder begeistert und den Weg zum Akkordeon öffnet
Ja, es gibt eine Chance, wenn wir uns an ein Instrument erinnern, das bereits in den 1950er-Jahren im Hause Hohner erfunden und bekannt gemacht wurde. Die Melodica! Das praktische Blas- und Tasteninstrument hat sich hervorragend in der musikalischen Grundausbildung etabliert. Der unkomplizierte Einstieg über die Tastatur, die dem Abbild des Notensystems gleicht, macht es den Mädchen und Jungen leicht, das Musikinstrument zu erlernen. Somit kann unsere Tastenflöte das Motto »Jedem Kind ein Musikinstrument« wirkungsvoll verstärken. Sie ist das ideale Vorschulinstrument für unseren Akkordeonnachwuchs. Mit der Tastenmelodica haben wir einen genialen Vorteil, denn das gelernte Liedchen kann 1:1 auf das Akkordeon übertragen werden – das Erfolgserlebnis ist somit garantiert. Zudem führt die Melodica-Flötenhaltung bereits an die senkrechte Tastaturhaltung des Akkordeons heran. Diese Erkenntnis sollten wir uns viel mehr zu Nutze machen. Der Akkordeonlehrkraft bietet sich zudem die Chance, den »Melodicakindern« bereits während der Ausbildung die Möglichkeit zu geben, erlernte Stücke auf dem Schulakkordeon zu spielen. Auch ein Tasten-Karussell bietet eine hervorragende Möglichkeit, das Akkordeon im Kreise der Tasteninstrumente kennenzulernen. Der positive Aha-Effekt bei Kindern und Eltern stellt sich spontan ein und der Weg zum Akkordeon ist geebnet. Die Anfangshürde ist gebrochen und das Vertrauen zum Instrument aufgebaut. Ein Aufatmen und ein glückliches Kinderlachen zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Hier eine Liste mit Argumenten, die für die Melodica sprechen:
-
- Das Blas- und Tasteninstrument ist unkompliziert, handlich, leicht und kostengünstig.
-
- Es bietet schnelle Erfolgserlebnisse: nur ein Tastendruck und ein Ton erklingt.
-
- Keine Intonationsprobleme und kein zeitaufwendiges Stimmen der Instrumente.
-
- Fingerabläufe können ohne Ton trainiert werden (ein Vorteil beim Klassenmusizieren).
-
- Die Tastatur ist das logische Abbild unseres Notensystems und vereinfacht das Notenlernen.
-
- Die Melodica ist die ideale Lernhilfe im Musikunterricht der allgemeinbildenden Schulen.
-
- Sie ermöglicht ein strukturiertes Erlernen der Notenschrift ohne komplizierte Griffkombinationen.
-
- Die Anblastechnik funktioniert wie bei der Flöte.
-
- Es ist kein Strom erforderlich, wodurch ein »bewegter« Unterricht möglich ist.
Betrachtet man die Melodica in der Tastenfamilie, ergeben sich auch hier mehrere positive Effekte:
-
- Die waagrechte Melodica-Tischklavierhaltung entspricht der Klaviertastatur.
-
- Die Melodica-Flötenhaltung trainiert die senkrechte Akkordeontastatur.
-
- Ein stabiler Melodica-Hartschalenkoffer eignet sich gleichzeitig als Notenständer und die Melodica verrutscht nicht in der waagrechten Tischklavierhaltung.
Mit fünf Fingern und fünf Tönen zum schnellen Erfolg
Jetzt heißt es, die erste Begeisterung der Kinder zu fördern. Bereits ohne Notenkenntnisse ermöglicht es die Melodica, die ersten Anschlagübungen und ein einfaches Kinderlied mit Hilfe der Fingerzahlen zu spielen. Die Hand- und Fingerhaltung für das Tastenspiel wird mit einem »Krabbel-Fingerspiel« geübt und die ersten Anblasübungen mit langen und kurzen Tönen bieten den kleinen Musikschüler*innen viele Anregungen für das freie Fantasiespiel sowie den selbstständigen Versuch, ein Kinderlied zu spielen.
Die Melodica für Kinder im Vorschulalter
Die Musikerziehung im Vorschulalter nimmt heute einen wichtigen Stellenwert ein. Kleinkinder erleben die Musik in der musikalischen Früherziehung und entwickeln den Wunsch, ein Musikinstrument spielen zu dürfen. Die musikalische Früherziehung und auch die Frühförderung verlagern sich jedoch zunehmend in die gewöhnliche Kindergartenzeit. Der Unterricht findet in Kleingruppen statt, wofür Musiklehrer*innen/Vereinsausbilder*innen gesucht werden. Für den Musikunterricht mit Vorschulkindern ist es ratsam, die zuständigen Erzieher*innen und auch die Eltern mit ins Boot zu holen. Dies erfordert eine logische Aufarbeitung der Unterrichtseinheiten und eine Weiterleitung wichtiger Unterrichtsinformationen mittels E-Mail, da der persönliche Kontakt zum Elternhaus meist nicht stattfinden kann.
Genau hier müssen wir die Kinder mit einem Instrument wie unsere Tasten-Melodica abholen, das einfach zu bedienen ist, schnelle Erfolgserlebnisse hervorbringt und dennoch die fundamentierte elementare Grundausbildung ermöglicht. Dies erfordert auch ein ansprechendes Schulwerk, das dem Alter der Kinder gerecht wird, kreativ aufgearbeitet ist und das Lernen im Spiel ermöglicht, Rhythmen und Notenkenntnisse festigt, das Gehör schult und gleichzeitig die Motivation und Lernfähigkeit stärkt. Auch Fortbildungen für interessierte Ausbilder*innen zum Kennenlernen der Didaktik ist sehr zu empfehlen, damit ein guter Neustart gelingen kann.
Geeignete Schulwerke für Melodica-Gruppen im Kindergarten sind im Akkordeonkinderverlag erschienen. Für Kinder ab vier Jahren geeignet: Das Kinderliederheft Musik im Spiel-Phase 1. Tasti und die Noten-Tierchen für Melodica und Klangbausteine. Für Vorschulkinder ab fünf Jahren: Musik im Spiel-Phase 2 – Melodica-Spiel kinderleicht mit Tasti. Zu beiden Werken gibt es für Lehrkräfte zahlreiche ausgearbeitete Stundenbilder, Arbeitsblätter, Kopiervorlagen und Anregungen für die Unterrichtsgestaltung, zweiteres beinhaltet zudem Informationen zum Einrichten einer Melodica-Vorschulgruppe.
Literaturempfehlungen für Kinder in der Grundschule
Im Zeitalter der Ganztagsschule werden Musiklehrkräfte und Vereinsausbilder*innen für die musikalische AG-Arbeit in die Nachmittagsstunden der Grundschulen gesucht. Dies ist für den Verein oder die Musikschule eine ideale Möglichkeit, um Melodica- und Akkordeonnachwuchs zu gewinnen.
Geeignete Schulwerke für die AG-Arbeit in der Ganztagsschule:
-
- Melodica-Spiel kinderleicht mit Tasti sowie Akkordeon-Spiel kinderleicht mit Tasti und Basti (Akkordeonkinderverlag), jeweils plus Noten-Workshop für die Gruppenarbeit und Schatzkiste für das Gruppenspiel
-
- Der kleine Tastenkönig (Schuh Verlag)
-
- Melodika-Geschichten (Verlag Purzelbaum)
-
- Neue Melodica-Schule (Holzschuh Verlag)
-
- AkkordiKids (Holzschuh Verlag)
-
- Akkordeonschule (Verlag Purzelbaum)
-
- Akkordeon Kompakt (Musikverlag Amusiko)
Für das Klassenmusizieren können sich unsere Jugendorchesterdirigent*innen einbringen, die es gewöhnt sind, mit größeren Gruppen zu arbeiten. Der Unterricht findet gewöhnlich während der regulären Grundschulzeit statt. Es ist ratsam, den Musikunterricht zusammen mit der Klassenlehrkraft zu gestalten. Sprach- und Koordinationsprobleme sowie eine heterogene Klassengemeinschaft erfordern hierfür eine Aufsplittung und Hilfestellung sowie geeignetes Lehrmaterial.
Geeignete Schulwerke für das Klassenmusizieren, erschienen im Akkordeonkinderverlag inklusive Lehrerhandbüchern mit ausgearbeiteten Stundenbildern, Arbeitsblättern etc.:
-
- Für die erste und zweite Grundschulklasse: Meine Hände machen Musik
-
- Ab der zweiten Grundschulklasse: Klassenmusizieren Melodica
-
- Ab der dritten Grundschulklasse: Klasse Tasten-Karussell
Wie der Übergang ins Orchester gelingt
Schon während des Gruppen-/Klassenunterrichts wird das Zusammenspiel trainiert. Anfangs mit einfachen Melodie- und Rhythmusfolgen im Auswendigspiel, bis die ersten Lieder machbar sind. Eine Akkordeonlehrkraft kann den Schüler*innen durch eine Bassbegleitung einen rhythmischen Halt geben, eine führende Melodiestimme dazu spielen oder im Bedarfsfall mit der freien Hand gezielte Einsätze geben – idealer geht es kaum. Der erste Auftritt im Rahmen eines Elternvorspiels kann stattfinden und schon nach dem ersten Unterrichtsjahr können die »Melodicakinder« beim Jahreskonzert mit geeigneter Literatur im Kinder-Jugendorchester eingebunden werden.
Anregungen für den ersten großen Auftritt des Kinderorchesters
Aus der praktischen Orchesterarbeit sind im Akkordeonkinderverlag verschiedene Mini-Musicals für den ersten Auftritt auf dem Weihnachtsmarkt, beim Jahreskonzert oder beim Elternvorspiel erschienen. Zu den Kinderstimmen in der C-Lage gibt es füllende Zusatzstimmen für Ensemble/Orchester, die dem Ganzen einen vollen Klangkörper geben. Gedichte, Liedtexte zum Singen, Sprechchöre und Percussion machen die Aufführungen zu einem kreativen Klangerlebnis. Auch der erfolgreiche Orchesterleiter Fred Hector hat mit seinen Kompositionen in seiner Hamburger Musikschule schon in den Neunziger Jahren 80 bis 100 Akkordeonkinder auf die Bühne gebracht. Akkordeonvereine bzw. (Musik-)Schulen zeigen hierbei ihr positives Vereins-/Schulleben und ein voller Konzertsaal mit glücklichen Kindern und Eltern ist das Erfolgsrezept. Weitere Kinderorchesterliteratur ist auch in den Musikverlagen Jetelina und Amusiko zu finden.
Checkliste: Was Eltern von den Musiklehrkräften / Ausbilder*innen erwarten
-
- Sie sollen das Kind soll an die Musik heranführen und es für die Musik begeistern.
-
- Kinder und Eltern wollen gut beraten werden.
-
- Empfehlungen für ein einfaches Instrument zum Erlernen der elementaren Musikausbildung.
-
- Schnelle Erfolgserlebnisse und der erste Auftritt beim Elternvorspiel haben Priorität.
-
- Alles sollte kostengünstig sein, da Ausdauer und Wille zum Üben noch nicht ausgereift sind.
-
- Ein Instrumenten- oder Tasten-Karussell zum Kennenlernen der Instrumente anbieten.
-
- Viel Geduld und Verständnis mitbringen.
-
- Eine angenehme Begeisterung zur Musik besitzen.
-
- Die Schüler*innen stets motivieren und entsprechend fördern.
-
- Ein entsprechend geeignetes Schulwerk verwenden.
-
- Den Lehrstoff im Unterricht kreativ, bewegt, auditiv und visuell verarbeiten.
-
- Gruppen- oder Orchesterspiel zum gemeinsamen Musizieren anbieten.
-
- Die verschiedenen Eigenheiten der Instrumente vorstellen, z. B., ob sie für das Gruppenspiel geeignet sind, ob es sich um melodische oder rhythmisch Instrumente handelt, welche Notenschlüssel vorausgesetzt werden, welche Schwierigkeitsstufen es beim Erlernen gibt und wie hoch die Anschaffungskosten sind.
Kurz: Einem bzw. einer begeisterten Akkordeonlehrkraft/Ausbilder*in wird es leicht gelingen, die Kinder für das fröhliche Rucksackinstrument zu begeistern!